26.09.2000, Höchster Kreisblatt:
Bei der Holzverarbeitung wird Teamwork groß geschrieben


KELKHEIM Zum zweiten Mal öffneten die Möbelgeschäfte und Schreinerwerkstätten beim „Tag des Tischlerhandwerks“ ihre Pforten. Zwar ist die Branche, die 1920 noch 150 Mitglieder zählte, auf rund 40 Firmen geschrumpft, doch nach wie vor ist Kelkheim für viele eine erste Adresse. Schon seit 102 Jahren ist Möbel Pleines als Meisterbetrieb anerkannt, der Holzverarbeiter mit der längsten Tradition am Ort. Inhaber Erwin Pleines, Bildhauer und Architekt, hat ein besonderes Faible für den Frankfurter Schrank. Für ihn ist die massive Qualitätsarbeit „Ausdruck zeitloser Eleganz“. Auf dem Hof konnten Besucher einen von derzeit 15 Ausstellungsstücken bewundern – in Eiche und mit Ecknasen. Daneben hatte Pleines zum Vergleich einen Stapel Stammholz platziert. Die zweieinhalb Kubikmeter wiegen 1,5 Tonnen, der fertige Schrank nur noch 500 Kilo. So aufwendig ist die Herstellung – entsprechend hoch der Preis. Pleines kann sich auf „fünf hervorragende Mitarbeiter“ stützen, bei denen jeder Handgriff sitzt.
Teamwork wird auch im Holunder Hof groß geschrieben, wo Chefin Sigrun Horn einem reinen Frauensextett vertraut. Glaubt man Bettina Groß, einer von zwei Gesellinnen, so herrscht hier ein ungewöhnlich freundlicher Ton. Junge Mädchen, die in der Männerdomäne oft fadenscheinige Absagen erhalten, sind bei Sigrun Horn willkommen. Vier Lehrlinge beschäftigt sie – heutzutage eine Seltenheit. Weil sie im Holunder Hof nicht nur Bau- und Möbelschreinerei, sonder vor allem Restaurieren lernt, zog es Leonie Reese aus Wiesbaden nach Kelkheim. Ihren Kolleginnen Maja Milosevic, Karin Konold und Birgit Rutenbeck ging es ähnlich. Die zweite Gesellin Martina Koch muß trotz ihrer Schwangerschaft nicht um Ihre Stelle bangen. Auf den „Schnüffeltag“ hatten sich die Frauen intensiv vorbereitet und dafür Infotafeln über verschiedene Möbelstile erstellt. Ob Biedermeiersofa oder Pfeifenschränkchen im Jugendstil, zu jedem Teil wussten sie etwas zu sagen. Auch beim Hobeln durfte man zuschauen. Im Gegensatz zu modernen Standardbetrieben kennt man im Holunder Hof noch Knochenleim, Sägefurniere und handpolierte Schellackoberflächen. Man schätzt die historische Substanz und verleiht antiken Möbeln und Familienerbstücken mit Liebe zum Detail ein neues Gesicht. Daneben entwirft man auch Designmöbel, übernimmt Polsterarbeiten oder fertigt auf Wunsch individuelle Möbel an. Vor kurzem hat der HR gedreht. Am 28.November (19 Uhr) wird der Film über Schellack in der Reihe „Service: Wohnen“ im Fernsehen gezeigt.

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