7.8.2009,Deutsche Handwerks Zeitung:
Wenn alte Möbel neue Kunden locken


Schreinermeisterin Sigrun Horn wirbt mit zahlreichen Aktionen in ihrer Restaurationswerkstatt

„Ach wirklich, Sie können auch Tische bauen?“ Fragen wie diese hat Sigrun Horn schon oft genug gehört. „Die meisten Menschen wissen kaum etwas über das Schreinerhandwerk“, stellt sie immer wieder fest.

Dies zu ändern, hat sich die Kelkheimer Schreinermeisterin auf die Fahne geschrieben. Zwei Gründe hat sie dafür. Der erste entspringt ihrer Leidenschaft für den Beruf und Ihrer Liebe zum Holz. Der zweite Grund ist geschäftlicher Natur. Sigrun Horn führt seit 1982 in Kelkheim eine Werkstatt für Möbelrestaurierungen und –bau mit integriertem Antiquitätenladen. In dem Betrieb mit seinen sechs bis acht vorwiegend weiblichen Mitarbeitern dreht sich alles um hochwertige, maßgefertigte Möbel und die fachgerechte Restauration von Antiquitäten. Wer Geiz geil findet, der ist hier fehl am Platz. „Wir bieten gutes Handwerk, und das hat seinen Preis“, erklärt Sigrun Horn.

Doch das zu vermitteln, ist in Zeiten von Billigmöbeln und Baumärkten nicht leicht. Deswegen setzt Sigrun Horn auf Information und Werbung. Immer wieder erlebt sie, dass Kunden, die sich darauf einlassen, in das „klassische Handwerk“ zu investieren, am Ende begeistert sind. Von der Qualität des fertigen Produktes und davon, dass sie in den Arbeitsprozess miteinbezogen werden. „Beim zweiten Termin lade ich die Kunden in die Werkstatt ein. Hier dürfen sie das gewünschte Holz auswählen, werden über die Planung informiert“, berichtet Sigrun Horn. Dass Holz nicht gleich Holz ist und wie schön und kunstvoll der Rohstoff verarbeitet werden kann – das möchte die Schreinermeisterin erlebbar machen.

Auch denen, die (noch) nicht ihre Kunden sind. Mit verschiedenen Angeboten lockt Sigrun Horn seit Jahren Besucher in ihren Betrieb im Kelkheimer Holunder Hof. Damit hat sie Erfolg: Die seit zwölf Jahren regelmäßig stattfindenden „Schnüffeltage“ erfreuen sich stets grosser Beliebtheit. Einen ganzen Tag lang können Besucher die Welt des Holzes entdecken und „erschnüffeln“. Dazu gibt es Vorträge und ein Kinderprogramm. Jeden Samstag findet eine „Antik-Ausstellung“ in einer zusätzlich angemieteten Halle in der Nähe des Holunder Hofs statt. Regelmäßig führt die Betriebsinhaberin zudem Schulklassen durch die Werkstatt und lässt die Schüler mit Holz arbeiten. Zu Weihnachten liest in der festlich dekorierten Werkstatt ein befreundeter Schauspieler Weihnachtsgeschichten, dazu gibt es Selbstgebackenes. Und im September veranstaltet Sigrun Horn in ihrem Betrieb zum ersten Mal Restauratoren-Tage: Unter anderem stellen dabei Vertreter verschiedener Gewerke ihre Arbeit vor.

Um Neukunden zu akquirieren, reichen das Bratwürstchen und der geschenkte Zollstock eben nicht mehr aus, findet die Schreinermeisterin: „Man muss sich hinsetzen und sich etwas ausdenken“. Und gleichzeitig die Erfolgserwartungen herunterschrauben: „Ohne Durchhaltevermögen geht es nicht. Oft kommt ein neuer Kunde erst Monate nach einer Aktion,“ berichtet die Betriebsinhaberin, die sich ehrenamtlich im Vorstand der Tischler-Innung Main-Taunus engagiert und 2000 vom hessischen Sozialministerium die Auszeichnung „frauenfreundlicher Betrieb des Jahres“ erhielt. Doch letztendlich lohne sich der Aufwand. „Ohne Marketing geht es nicht“, ist die 48jährige überzeugt.

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